Eigene Texte

MATRIX – ein Bild und seine Geschichte

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Constantin Jaxy – „Lichtnest“

Eröffnungsrede im Kunstverein Konstanz am 11. Juli 2008:

“Ich freue mich Ihnen meinen Kollegen Constantin Jaxy aus Bremen und seine Ausstellung „Lichtnest“ vorstellen zu dürfen.

Zunächst muss ich allerdings über ein Bild sprechen, das heute nicht in der Ausstellung zu sehen ist. Aber ich versuche ihnen – so gut ich kann – davon zu erzählen.

Viele Künstler sind ja auch Kunstsammler, aber viele haben, wie ich auch, mangels Kapital nur eine virtuelle Sammlung im Kopf, die gleichwohl geliebt, gepflegt und bisweilen mit Neuerwerbungen erweitert wird. Eines der Vorzeigestücke meiner privaten Kopf-Galerie ist eine Arbeit von Constantin Jaxy, die ich vor über zwanzig Jahren in einer Frankfurter Galerie zu Gesicht bekam.

Sie kennen das? Etwas überfällt ihre Netzhaut und brennt sich durch bis in ihre Innenwelt. Das kann ein Blick, eine Gestalt, ein Kunstwerk und vieles andere sein, oft unerklärlich – aber eines ist ihnen schnell klar: sie sind gezeichnet – Branding! Und der Boden unter ihren Füssen scheint leicht zu wanken.

Ja, was war denn das eigentlich für eine Arbeit, die mir damals so ins Auge gegangen ist? Da fängt’s schon an: war es eine Zeichnung oder eine Malerei? Sehr gross war sie, auf Papier, mit Tusche, Kreide und Kohle und Graphit, irgendwie so hinexplodiert. Für eine Zeichnung eigentlich in der Anmutung zu malerisch und körperhaft, für eine Malerei wiederum zu linienbetont und konstruiert. Also weg mit diesen akademischen Einordnungen: wohl eine Überlagerung beider Genres wie im Röntgenlicht, jedenfalls übergreifend und übergriffig ...
Und die Farbe? Auch wieder so ein Dilemma: eigentlich keine da. „nur“ Schwarz, Weiss und Graustufen – doch dann aus der Nähe: Feinste Farbnuancen, Valeurs, Grauinkonsistenzen, Vibratos um den Graunullpunkt, winzige Farbinfektionen und Metamerien in diesem scheinbar farblosen Werk. Differenzbildung an den Schwellenwerten der Wahrnehmung. Nicht zu fassen.
Und was war auf diesem Bild eigentlich zu sehen? Ein gigantisches Boot, ein Tauchboot, ein U-Boot der wasweissich für Gigaklasse, aber nicht im offenen Meer, sondern im Uterus seines Trockendocks. Eine wilde Pflegefalle; für ein Riesenbaby des Homo Faber, des Werkzeugmachers, der als Mangelwesen davon träumt für alle Mängel das richtige Tool parat zu haben.
In diesem Fall (vergessen wir bitte nicht: Mitte der 80er Jahre, immer noch kalter Krieg) war der Mangel, den dieses Produkt hintan halten sollte, eine Angst. Die Angst, dass es keine Rache für den Erstschlag geben könnte, und dieser dann, wegen zuwenig Angst davor, zu ebendiesem führen könnte. Jaxy zeigt uns diese autonome finale Weltvernichtungsmaschine sozusagen bei Muttern daheim, wie sie ihr Alete oder Hipp kriegt, doch im gleichen Moment filetiert sein Blick piranjagleich die ganze Situation bis auf die Architektur, also die Haupttextur, das innerste Prinzip. Und das Licht? Ein magisches Gleissen; nie hat diese Waffe ihre eigene Verletzlichkeit mehr preisgegeben, als in diesem Licht ...“

Auszug aus der Eröffnungsrede von Matthias Holländer im Kunstverein Konstanz anlässlich der Ausstellung von "Constantin Jaxy – Lichtnest" im Juli 2008


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»Das Licht der Dinge« 1997

„... Hier scheint also eine ganz paradoxe "Gefühlsgenauigkeit" vorzuliegen, eine tentative Präzision. (...) Als Maler navigiere ich mich durch diesen fast unermesslichen Farbraum auch mit Hilfe meiner Hände: vielleicht suche ich hier einen Halt, vielleicht ist dies der Versuch eines "Handanlegens" an den Augenblick?
Jedenfalls fühle ich eine Reverenz an diese uralte Auge-Hand-Schnittstelle, an der Erkennen zu Begreifen wird: ein Anfassen von Bildern, ein Manipulieren. Malen im Sinn von: ein Mal machen, einen Ort besetzen, ein Zeichen machen. Ich war hier, ich berichte von hier.
(...)
So male ich weiter, wie die Dinge das Licht – einer Substanz gleich – weitergeben, sie sich auch gegenseitig beleuchten und wie die Kontur des einen durch die Reflexe des anderen gezeichnet wird, das nun endlich in tiefer Dunkelheit verschwimmen darf – ein Organismus mit seinen eigenen Gesetzen, ein Stoffwechsel mit den Grundelementen: Licht, Farbe, Form und Zeit, wie in einer alchimistischen Formel .
Meine Arbeit beginne ich ohne Ausnahme auf einem blendend weissen Malgrund, dennoch male ich immer gegen eine Dunkelheit an, die meine lichtabsorbierenden Lasuren aufzusaugen droht: als ahnte ich, dass diese viel grösser, mächtiger und gewaltiger als der Rest aller dieser Millionen von Farbtönen sei – ein riesiges undurchdringliches Universum, dessen kleinster Teil das Sichtbare ist.“

Aus dem Katalogbuch "Matthias Holländer - das Licht der Dinge" Libelle Verlag 1997


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»Bellevue – Die Dritte Möglichkeit« 1997

„... Dergestalt war der Bellevue-Glasgang sicher ein Schlüsselerlebnis, ohne das ich das Licht in den Museumsvitrinen in Wien und nun auch in Paris nicht erkannt hätte. So bleibt er – obwohl die Auseinandersetzung mit ihm selbst nach all den Jahren langsam abzuklingen scheint – auch in einer weiteren Generation meiner Bilder hintergründig spürbar. Von ihm habe ich gelernt, wie etwas, trotz aller speziellen, persönlichen, biographischen und historischen Verbindungen, dieses "Licht der Dinge" zum Farbkomplex bricht, infolgedessen es dann ganz ausserhalb solcher Bezüge gesehen werden kann. Etwas, wie eine Information, wie ein "feinstoffliches" Aktivitätsmuster des Sehens ...“

Aus dem Katalogbuch "Matthias Holländer - das Licht der Dinge" Libelle Verlag 1997


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»Aquarellmalerei – Papiermembrane« 1997

„Seit 1991 arbeite ich – nach einer zehnjährigen Pause – wieder an Aquarellen, und zwar im reinsten Verständnis dieses Genres. Hier gibt es nur drei Elemente: Papier, Wasser und Pigmente mit Spuren von Bindemitteln. Wenn das Wasser verdunstet ist, sind es nur noch zwei. Und es wird noch fundamentaler: die Farbpigmente dürfen – im Gegensatz zu anderen Wasserfarben – keinesfalls decken, sind also völlig körperlos, denn alle Helligkeit kommt vom Papier; weisse Pigmente sind absolut tabu ...“

Aus dem Katalogbuch "Matthias Holländer - das Licht der Dinge" Libelle Verlag 1997


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»Interview« – Aus einem Gespräch von Jörg Fuhrmann mit dem Maler, 1987

„FUHRMANN: Beim ersten Anschauen deiner Bilder fallen mir spontan zwei Eigenschaften auf, die ungewohnt und irritierend sind, nämlich die Glätte der Oberfläche und die zumeist stark zerklüftete geradezu narbenartige Struktur deiner Malerei, ich denke da an die Flecken, Spritzer und Kratzer. Wie entsteht diese gegensätzliche Wirkung?

HOLLÄNDER: Ja, die Glätte ist einerseits ein Nebenprodukt des häufigen Abschleifens meiner Bilder, das sich während des ganzen Arbeitsprozesses, der sich ja oft über viele Wochen erstreckt, wie ein Ritual wiederholt. Ich sage Nebenprodukt, weil es mir eigentlich weniger um die Glätte als um die Dünne meiner Farbschichten geht und auch um das aggressive Moment, das in diesem Abschleifen steckt. Die Dünne ist mir wichtig, um noch genügend Helligkeit aus dem weissen Malgrund zu erhalten, denn meine Malerei bezieht ihre Wirkung aus dem Zusammenklang vieler übereinander gelegter lasierender, also transparenter Farbschichten. Würden, diese zu dick, wäre sozusagen ein ganz schwarzes Bild die Folge. Das aggressive Moment ist etwas ganz Zentrales in meinem Arbeitsprozess. Dieses Losgehen mit der Rasierklinge auf das eben oder gestern Gemalte hat ja oft verheerende, destruktive Folgen für die Realistik der »Abbildungsqualität« meiner Bilder – manchmal bleibt nach Sekunden fast nichts mehr von dem übrig, woran ich tagelang gemalt habe - aber die malerische Energie, der malerische Eros, der da in glücklichen Momenten freigesetzt werden kann, ich wüsste nicht, wie ich da sonst rankommen könnte, jedenfalls nicht, indem ich versuchte, sowas direkt hinzumalen ...“

Aus dem Katalog "Matthias Holländer – Rest der Nacht", artconnection, Basel, 1997


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»Bilder der Beschleunigung«

Rede zur Eröffnung der Ausstellung von Tomas Zander: Blackboard/ Whiteboard/ Scenery
im Kunstverein Konstanz, am 26. Mai 1995


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»Dankrede anlässlich der Verleihung des Konstanzer Kunstpreises am 28. Aug. 1994«


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